Korporation Schwendi

Einen Nachweis über die Entstehung der Teilsamen oder Korporationen in Obwalden gibt es bis heute nicht. In der Zeitschrift für Schweizerisches Recht (Basel, 10. Bd./1862) wird dieser Umstand mit folgenden Worten bedauert: „Leider hat sich diese Entwicklung der urkundlichen Nachweisung gänzlich entzogen. Während für andere Gebirgskantone wenigstens Einzelnes noch mit einiger Wahrscheinlichkeit auszumitteln ist, liegt gerade auf Unterwalden ein fast undurchdringliches Dunkel“.

Immerhin erscheinen im ältesten bekannten Urteil des Fünfzehnergerichtes von Unterwalden ob dem Kernwald vom 8. Juni 1390 (Archiv Korporation Schwendi) erstmals fünf Korporationen in der Gemeinde Sarnen, nämlich drei aus dem Gebiet Schwendi, „Die dry Teil obrent dem Blatte (Blattibach) ze Sarnen“ sowie die „Die Dorflüt ze Ramersperg“ und „Die Dorflüt ze Sarnen“. Die drei Teile von der Schwendi waren der Teil „am Stalden“ oder Diegischwand mit dem Gebiet Brünischwand, Stalden und Obstalden, der zweite Teil war „Schwendi“ mit dem Gebiet hinter dem Schwandbach in Stalden über Bachschweifi, Gassen, Guber bis hinauf zum Stollen, der dritte Teil „Forst“ war das Gebiet Oberwilen und Hintergraben.

Wenige Jahre später, am 6. Februar 1435 erscheint auch die Korporation Kägiswil in einem Urteil des Fünfzehnergerichtes. Die ursprünglich 4 Teile im Gebiet Schwendi (Schwendi umfasst immer Stalden und Wilen) haben sich bis zum Jahr 1500 zu einem einzigen Teil zusammengeschlossen. Der vierte Teil, Ruggischwil, umfasste das Gebiet Wilen und Geren.

Während sich in den Korporationen Schwendi, Kägiswil und Ramersberg die alte Bezeichnung „Teilsame“ bis in die neuere Zeit erhalten hat, nannten sich die Dorfleute von Sarnen schon seit dem 15. Jahrhundert „Freiteiler“. Diese heute noch gültige Bezeichnung soll daher kommen, dass die Dorfleute von Sarnen den Talboden damals dichter besiedeln wollten und daher Niederlassungswilligen ein freies Wohnrecht gaben.

Die Teilsamen organisierten in ihren Teilen seit altersher die Rodung und Bewirtschaftung der gemeinschaftlichen Allmenden, Wälder und Alpen. Die Regeln dazu wurden schon sehr früh in einem Grundgesetz, im sog. Einung festgehalten. Das älteste bekannte Original von Obwalden befindet sich im Archiv der Korporation Schwendi. Es ist eine Pergament-Urkunde aus dem Jahr 1471. Es war jedoch nicht der erste Einung. Die Ramersberger hatten auch schon 1447 einen Einung.

Seit jeher waren die 4 Teilsamen im Chilchgang Sarnen zusammengeschlossen, weil es nur in Sarnen einen Pfarrer gab. Die Pfarreien Stalden und Kägiswil entstanden erst 1971. Die Aufgaben des Chilchgangs lagen hauptsächlich im Bau und Unterhalt der Pfarrkirche und der Pfrundhäuser in Sarnen, daneben im Unterhalt von einigen Wegen und Brücken (z.B. der Schwibbogen an der Rütistrasse, 1757 erbaut, 1951 abgebrochen). Auch für die Schulen und die Besoldung der Geistlichen waren die Teilsamen zum grossen Teil zuständig. Bis zur ersten Bundesverfassung von 1848 gab es ja noch keine politischen Gemeinden.

Zur Abrechnung traf sich der Chilchgang mindestens einmal jährlich. Über die damalige Kostenverteilung staunen wir heute. Gemäss Urteil des Geschworenen-Gerichtes musste die Teilsame Schwendi jeweils die Hälfte der Kosten tragen, die Teilsamen Kägiswil, Ramersberg und der Freiteil Sarnen zusammen die andere Hälfte. Diese Aufteilung erklärt sich dadurch, dass die Schwendi über Jahrhunderte viel mehr landwirtschaftliche Nutzfläche und entsprechend auch viel mehr Einwohner hatte als die übrigen drei Teile. Der Talboden von Sarnen konnte wegen den häufigen Übersaarungen durch die Melchaa und den Überschwemmungen durch die Sarneraa nur beschränkt genutzt werden.

Die Vertreter der vier Korporationen von Sarnen treffen sich übrigens bis heute zweimal jährlich zum Chilchgang. Dabei wird gegenseitig über wichtige Geschäfte orientiert, man behandelt gemeinsame Projekte, macht Besichtigungen und pflegt die Geselligkeit.

Weil es noch keine anderen Körperschaften gab, übernahmen die Teilsamen oder Korporationen in früheren Jahrhunderten die notwendigen Aufgaben im Armenwesen, d.h. Unterstützung mit Naturalien, unentgeltliche Nutzung von Allmend- und Alpweiden, Abgabe von Holz, insbesondere bei Brandfällen. Sie unterhielten die Fahrwege, erstellten Wasserleitungen oder organisierten das Feuerlöschwesen mit dem Bau und Unterhalt von Wasserrückhaltebecken.

Sie befassten sich auch mit dem Bauwesen. Ohne Bewilligung durfte niemand ein Gebäude errichten, weil dazu Holz aus den gemeinen Wäldern nötig war. Die Menge von Verhörprotokollen in den Archiven zeugt davon, dass den Korporationen auch polizeiliche und strafrechtliche Befugnisse zustanden. Es durfte z.B. nicht einmal Holz von abgerissenen Gebäuden ausserhalb der Teilsame verkauft werden. Die Holznutzung war überhaupt streng geregelt und der Holzfrevel wurde sehr häufig bestraft. Grosse Waldgebiete wurden jeweils in Bann gelegt, damit sie ihre Schutzfunktion wahrnehmen konnten. Allerdings überalterten dadurch weite Flächen.

Zu aller Zeit, bis in die 70-iger Jahre des 20. Jahrhunderts, waren die Teilsamen sehr eng mit dem kirchlichen Leben verbunden. Unter ihrer Obhut wurden Kirchen und Kapellen sowie Häuser für die Geistlichen und Sigristen erbaut und unterhalten. Sie gaben auch das Land für die verschiedenen Pfrundliegenschaften, die dem Lebensunterhalt der Geistlichen oder Sigristen dienten. Mit der Gründung der Katholischen Kirchgemeinde Sarnen im Jahr 1974 wurden alle kirchlichen Obliegenheiten an die Kirchgemeinde übertragen.

Die Schulen wurden ebenfalls über Jahrhunderte von den Teilsamen getragen. Es ist belegt, dass die Ablösung des Schulwesens durch die Einwohnergemeinde Sarnen teilweise bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts dauerte.

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